Ein Versicherungsfall, der eine Kündigungsmöglichkeit nach § 96 VersVG auslöst, liegt auch dann vor, wenn keine konkrete Deckungspflicht des Versicherers besteht. Es muss nur ein Schadenfall vorliegen, für den nach der im Gesetz und im Versicherungsvertrag enthaltenden objektiven Risikobeschreibung eine Einstandspflicht des Versicherers besteht. Eine Kündigungsmöglichkeit besteht daher auch dann, wenn ein subjektiver Risikoausschluss vorliegt, der Schadenfall unter einem vereinbarten Selbstbehalt liegt, eine Obliegenheitsverletzung, eine vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung oder eine schuldhafte Herbeiführung des Versicherungsfalles vorliegt (Saria in Fenyves/Schauer, VersVG 2. Lfg 2014 RZ 4 zu § 96).
Vielfach wird die Ansicht vertreten, dass eine Schadenfallkündigung nach § 96 VersVG nur zulässig ist, wenn der Versicherer eine Leistung erbringt. Zweck der Vorschrift ist allerdings, dass bei einem möglichen Vertrauensverlust jeder Teil den Versicherungsvertrag kündigen kann. Daher ist der Rechtsansicht von Saria wohl zuzustimmen.