"Reparatur" von Wertanpassungsklauseln der ARAG unzulässig

Ausgangsbasis OGH Entscheidung 7 Ob 62/15s. Der OGH hat hier eine Wertanpassungsklausel der ARAG gekippt: Die Kündigung der Wertanpassung durch den Versicherungsnehmer ist in der beanstandeten Klausel mit einer Sanktion versehen: Im Fall einer Tariferhöhung kürzt der Versicherer seine Leistung (in jedem künftigen Versicherungsfall), was in keinem Zusammenhang mit der vereinbarten Versicherungssumme, die dann gleich bleibt, steht. Damit wird das im Versicherungsvertrag vereinbarte Äquivalenzverhältnis einseitig und ohne gerechtfertigten Grund zugunsten des Versicherers verändert, denn er muss nun nicht mehr (nur) begrenzt durch die Versicherungssumme Leistungen erbringen, sondern kann diese noch entsprechend der Tarifänderungen kürzen. Diese durch die Klausel herbeigeführte einseitige Benachteiligung des Versicherungsnehmers ist überraschend, sachlich nicht gerechtfertigt und grob benachteiligend.

 

Aufgrund der o.g. Entscheidung wollte der Versicherer die Klausel bei bestehenden Verträgen "reparieren". Dazu erging ein Schreiben des Versicherers an seine Kunden, in dem er den Kunden u.a. mitteilte, dass

 

- er sich gegenüber Verbrauchern auf die bisher vereinbarte Wertanpassungsklausel nicht mehr berufen und diese Regelung der ARB oder sinngleiche Klauseln nicht mehr verwenden dürfe und

- aus seiner Sicht nun eine ergänzende Vertragsauslegung zur Anpassung von Prämie und Versicherungssumme zu erfolgen hat.

 

Auf der Rückseite des Schreibens druckte der Versicherer eine „neue Wertanpassungsklausel" ab. Im Schreiben gab der Versicherer auch bekannt, dass dies sein Vorschlag zur Neuregelung sei, dass dieser Vorschlag dem Parteiwillen entspreche und dass es dem Versicherungskunden freistehe, sollte er mit der Regelung nicht einverstanden sein, die vorgeschlagene Regelung vom Gericht in einem Zivilverfahren überprüfen zu lassen oder Einwendungen in einem vom Versicherer eingeleiteten Gerichtsverfahren zu erheben.

 

Dies ist lt. OGH unzulässig: 

Dem Versicherer ist anzulasten, dass er seinen Versicherungsnehmern nicht etwa eine Änderung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen anbietet, sondern den Eindruck erweckt, er könne sich auf eine gesicherte Rechtslage stützen, durch einseitige Willenserklärung mit konstitutiver Wirkung die für nichtig erkannten Klauseln ergänzen und auf diese Weise rechtmäßig eine Zahlungspflicht ableiten, der sich der Versicherungsnehmer nur durch einen Prozess entziehen könne. Damit wird die Rechtslage zur Ermittlung des hypothetischen Parteiwillens unrichtig dargestellt und der Versicherungsnehmer insbesondere durch Androhung der Notwendigkeit eines Rechtsstreits dahin unter Druck gesetzt, sich dem einseitig vorgetragenen Standpunkt des Versicherers zu fügen, noch dazu – im Gegensatz zur Bedingungslage des Vorprozesses verschärfend – ohne Möglichkeit, sich der Prämienanpassung zu entziehen. Durch diese unrichtige Darstellung der Sach- und Rechtslage verstößt der Versicherer in seinem auch als „allgemeine Geschäftsbedingungen“ bzw „Vertragsformblätter“ zu wertenden Schreiben jedenfalls gegen das Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG.

 

Das Schreiben des Versicherers ist somit unwirksam. Er kann sich auch auf die "neue Wertanpassungsklausel" gegenüber Verbrauchern nicht mehr berufen (OGH7 Ob 168/17g, versdb 2018, 27).

 

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