Gesundheitsschaden nach Gasaustritt: keine Deckung

Am 29. 1. 2013 bohrte der VN bei Renovierungsarbeiten in seiner Wohnung versehentlich eine Gasleitung an, wodurch plötzlich Erdgas ausströmte. Er konnte noch einen Notruf betätigen, bevor er bewusstlos wurde. Bei ihm waren keine medizinischen Symptome feststellbar, die auf eine Sauerstoffunterversorgung durch Verdrängung des Sauerstoffs in der Raumluft durch Gas hindeuten; aufgrund des Gases ist keine organische Schädigung eingetreten.

 

Der VN wurde aber durch den Gasgeruch in eine Stressreaktion versetzt, die medizinisch gesehen über „normalen“ Stress hinausging und im Hinblick auf das Explosionsrisiko und die Notwendigkeit, schnell Hilfe zu holen, bei ihm eine Alarmreaktion auslöste. Diese führte zu einem „blutigen“ Schlaganfall durch Austritt von Blut aus einem Hirngefäß in die Umgebung und durch die Einhüllung des Bluts in das Gehirngewebe, zunehmenden Druck in das Gehirngewebe sowie Störung der arteriovenösen Balance mit zusätzlichen Druckeffekten auf die Hirnumgebung. Das Ereignis des Gasaustritts war kausal für diese Stressreaktion beim VN. Es kam dadurch zu einer Blutdruckerhöhung und Zerreißung der kleinen Gehirnarterien (Thalamusgefäße).

 

OGH: Werden äußere Ereignisse von der versicherten Person bloß sinnlich wahrgenommen, ohne dass jene sie unmittelbar körperlich beeinträchtigen, dann liegt kein Unfall vor, auch wenn dieses äußerlich bleibende Geschehen bei der versicherten Person innerkörperliche psychische Reaktionen (Stress- und Alarmreaktionen) auslöst, welche dann zu körperlichen organischen Schädigungen führen. Die Gefahren einer krankhafte Folgen auslösenden innerkörperlichen Stress- und Angstreaktion auf eine äußerlich bleibende (und sich auch nicht verwirklichende) Bedrohung der körperlichen Integrität sind in der Unfallversicherung nicht gedeckt.

 

OGH 7 Ob 200/18i, versdb 2019, 5

 

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