Corona: Berufliches Infektionsrisiko in der privaten Unfallversicherung

Mit der Deckungserweiterung für "berufliche Infektionen" werden übertragbare Krankheiten, die grundsätzlich in einer Unfallversicherung ausgeschlossen sind, wieder in den Versicherungsschutz eingeschlossen, sofern es sich um Infektionen bei der Ausübung des Berufes handelt. Der Zweck dieser Infektionsklauseln ist es, den Personen Versicherungsschutz zu gewähren, die bei der Ausübung ihres Berufes eine erhöhte Infektionsgefahr zu tragen haben. Versicherungsschutz besteht in der Ausübung der Berufstätigkeit. 

 

Es gibt unterschiedliche Ausgestaltungen dieser Deckungserweiterung - hier 2 Beispiele:

 

  • „Infektionen bzw Infektionskrankheiten, die in Ausübung der versicherten Berufstätigkeit der versicherten Person entstanden sind und aus deren Krankheitsgeschichte, Befund oder Natur hervorgeht, dass durch das Einspritzen infektiöser Massen in Auge, Mund oder Nase Krankheitserreger in den Körper gelangt sind. Anhauchen, Anniesen oder Anhusten erfüllen den Tatbestand des Einspritzens nicht. Anhusten nur dann, wenn durch einen Hustenstoß eines Diphtheriekranken infektiöse Massen in Auge, Mund oder Nase gelangen.“
  • „Als versichertes Unfallereignis gilt auch eine unfallbedingte Infektion durch „mechanische Einwirkung“ von aussen, wie Stich-, Schnitt- und Spritzenverletzungen während der beruflichen Tätigkeit im Bereich der Polizei und des Justizwachdienstes, sowie während der beruflichen Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt, Tierarzt, Dentist, Student der Medizin oder Tierheilkunde, Krankenpfleger, Hebamme, Diplomassistent für physikalische Medizin, Laborassistent sowie Assistent in ärztlichen Ordinationen. Darüber hinaus gilt diese Risikoerweiterung auch für Mitglieder/ Helfer von Hilfsorganisationen wie Rotes Kreuz, Malteser, Samariterbund und freiwillige Feuerwehr im Rahmen dieser Ausübung und für Ersthelfer.“

 

An diesen beiden Beispielen sieht man die wesentlichen Unterschiede bei der Formulierung dieser Leistungserweiterung. Erstens kommt es darauf an, wie die Infektion übertragen wird: Einspritzen in Auge, Mund, Nase versus Stich-, Schnitt- und Spritzenverletzung; zweitens kommt es darauf an, für welche Berufsgruppen die Leistungserweiterung Gültigkeit hat.

 

In diesem Zusammenhang sind auch die Erkenntnisse eines Urteils aus Deutschland interessant: Nach den dem Vertrag zugrunde gelegten Versicherungsbedingungen sind Infektionen grundsätzlich nicht von der Unfallversicherung abgedeckt, es sei denn, dass die Krankheitserreger durch ein Unfallereignis in den Körper gelangt sind. Nicht als Unfall gelten allerdings nach den betreffenden Bedingungen geringfügige Haut- und Schleimhautverletzungen. Die versicherte Person erlitt eine Nadelstichverletzung. Dabei wurde eine Krankheit übertragen. Der Versicherer war leistungsfrei, weil als geringfügige Hautverletzung der durchschnittliche Versicherungsnehmer solche Haut- oder Schleimhautverletzungen ansehen wird, die keiner Behandlung bedürfen oder mit einfachen Mitteln wie etwa einem Pflaster selbst versorgt werden können, und bei denen zu erwarten ist, dass sie alsbald folgenlos verheilen. Abzustellen ist hierbei ausschließlich auf die Verletzung und nicht auf die möglichen Folgen, die dadurch entstehen, dass Erreger in den Körper gelangt sind. Dieses Urteil zeigt besonders deutlich, dass es insbesondere bei Infektionseinschlüssen auf die genaue Formulierung des Bedingungstextes ankommt.

 

Quelle: Maitz, AUVB-Kommentar (Verlag Österreich)