Progressionsstaffeln in der UV nicht immer eindeutig formuliert

Die Leistungsunterschiede in der Unfallversicherung sind auch bei gleicher Prämie und vermeintlich gleicher Progression durchaus sehr groß. Es kommt auf die jeweilige Formulierung in den AUVB an. Nehmen wir an, der Versicherungsvertrag enthält eine Versicherungssumme für Dauerinvalidität von EUR 100.000 – welche Leistung würde der Versicherungsnehmer bei folgenden Formulierungen bei einem Invaliditätsgrad von 35 % erhalten:

 

Versicherer A (Leistung EUR 70.000):

 

Formulierung in den AUVB: "Leistung bei einem Invaliditätsgrad von 0,1 % bis 25 % aufgrund der einfachen für Invalidität versicherten Summe;

Leistung bei einem Invaliditätsgrad über 25 % bis 50 % aufgrund der doppelten für Invalidität versicherten Summe."

Hier ist der Fall zumindest relativ eindeutig. Es liegt ein Invaliditätsgrad von über 25 % vor – die Versicherungssumme für Invalidität wird somit verdoppelt: EUR 200.000 * 35 % = Auszahlung EUR 70.000

 

Versicherer B (Leistung EUR 45.000):

 

Formulierung in den AUVB: "Wir leisten ... bis zu einem Invaliditätsgrad von 25 % entsprechend dem Invaliditätsgrad;

den 25 % übersteigenden Teil des Invaliditätsgrades bis 50 % mit 2-facher Leistung."

Auch dieser Fall scheint klar zu sein: EUR 25.000 (Anteil bis 25 % Invalidität) + EUR 20.000 (Anteil von über 25 % bis 35 % Invalidität verdoppelt) = Auszahlung EUR 45.000 (deutlich weniger als Versicherer A)

 

Versicherer C (Leistung EUR 55.000 oder EUR 105.000?):

 

Formulierung in den AUVB: „… der 25 % übersteigende und 50 % nicht übersteigende Invaliditätsgrad wird verdreifacht.“

Was passiert in diesem Fall? Das hat der Versicherer vermutlich gemeint: EUR 25.000 (Anteil bis 25 % Invalidität) + EUR 30.000 (Anteil von über 25 % bis 35 % Invalidität verdreifacht) = Auszahlung EUR 55.000.

Man kann diese Bestimmung aber auch anders verstehen, weil in den AUVB eben NICHT wie bei Versicherer B steht „… der 25 % übersteigende und 50 % nicht übersteigende TEIL wird verdreifacht.“

Bei dieser Interpretation muss der Versicherer so abrechnen: Es liegt ein Invaliditätsgrad von über 25 % vor – der Invaliditätsgrad wird verdreifacht: EUR 100.000 * 105 % (dreifacher Invaliditätsgrad) = Auszahlung EUR 105.000

 

Fazit

 

Es lohnt sich also, genau hinzuschauen und zu prüfen, wie der durchschnittlich verständige Versicherungsnehmer die Formulierung verstehen würde. Das deckt sich nicht immer mit dem, was der Versicherer mit der Formulierung erreichen wollte.