Streit nach Übernahme eines Versicherungsmaklers: Rechtsschutzversicherer verweigert Deckung

Der Versicherungsnehmer erwarb mit einem Abtretungsvertrag von allen Gesellschaftern sämtliche Gesellschaftsanteile an einer Versicherungsmakler GmbH um insgesamt EUR 500.000. Der Versicherungsnehmer behauptet nunmehr, diese GmbH sei lange vor Verkauf konkursreif gewesen und es hätte längst vor dem Verkauf Insolvenz angemeldet werden müssen, was der Versicherungsnehmer unmittelbar nach Übernahme der Geschäftsanteile auch habe tun müssen. Der Versicherungsnehmer forderte zunächst mit einem Anspruchsschreiben alle ehemaligen Gesellschafter auf, die Kaufpreise zurückzuzahlen. Eine Rückzahlung erfolgte nicht, weshalb der Versicherungsnehmer beabsichtigt, gegen die ehemaligen Gesellschafter Klage zu erheben. Für diese Klagsführung beanspruchte der Versicherungsnehmer Deckung von seiner Rechtsschutzversicherung. Der Rechtsschutzversicherer lehnte die Deckung ab.

 

Der Versicherer stützte sich in seiner Ablehnung im Wesentlichen auf folgende Ausschlüsse:

  • Ausschluss „Kauf, Verkauf oder Übertragung von Maklerbeständen“
  • Ausschluss Gesellschaftsrecht

 

Der OGH verneinte jedoch die Anwendbarkeit dieser beiden Ausschlüsse:

 

Ausschluss „Kauf, Verkauf oder Übertragung von Maklerbeständen“:

Der Ausschluss im Versicherungsvertrag lautete: „Besondere Vereinbarung: Kein Versicherungsschutz besteht für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen im Zusammenhang mit dem Kauf bzw. Verkauf oder der Übertragung von Maklerbeständen. Dies gilt sinngemäß auch für Teilbestände."

 

Der bloße Erwerb von Maklerbeständen steht dem Erwerb von Gesellschaftsanteilen an einer GmbH, die als Versicherungsmaklerin tätig ist, nicht gleich, erfasst doch der Anteilserwerb auch weitere Vermögenswerte, wie etwa Geschäfts-(Firmen-)wert, Mitarbeiter des Unternehmens, Sachanlagen (Betriebs- und Geschäftsausstattung, Büromaschinen, EDV) oder auch allfällige Finanzanlagen. Unterschiedliche (steuer-)rechtliche und wirtschaftliche Gestaltungsmöglichkeiten erfordern eine Differenzierung zwischen Asset-Deal und Share-Deal, die es in Verbindung mit der gebotenen einschränkenden Auslegung von Risikoausschlüssen verbieten, den Deckungsausschluss für die Übernahme eines Maklerbestands auch auf den Erwerb von Geschäftsanteilen zu erstrecken.

 

Ausschluss Gesellschaftsrecht:

Der Ausschluss nach Art 7.3.3. ARB 2012 trifft nur Interessenwahrnehmungen, die ihren Schwerpunkt im Gesellschaftsrecht, also im Kern in typisch gesellschaftsrechtlichen Beziehungen der Beteiligten zueinander ihren Ausgang genommen haben. Daher ist die Geltendmachung von Ansprüchen aus Vertragsanfechtung wegen Irrtums und Verkürzung über die Hälfte sowie aus Gewährleistung und Schadenersatz aus dem Erwerb von Geschäftsanteilen, die vorrangig allgemeinen schuldrechtlichen Regeln folgen, vom Ausschluss nach Art 7.3.3. ARB 2012 nicht erfasst.

 

OGH 7 Ob 99/20i, versdb 2020, 48

 

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