Verwendung KFZ: Unterschiedliche "Heizlüfter" - Urteile

Mit der Einordnung des Begriffes der "Verwendung des KFZ" musste sich der OGH in einer aktuellen Entscheidung befassen (OGH 2 Ob 170/20v, versdb 2021, 58). Die Entscheidung könnte allerdings im Widerspruch zu einer Entscheidung aus dem Jahr 2004 stehen. In beiden Fällen ging es um einen Schaden, der durch die Verwendung eines Heizlüfters entstand.

 

 

Der Halter hatte mit dem PKW wegfahren wollen, der sich jedoch nicht starten ließ. Dies war in der Vergangenheit bereits öfter passiert. In einer KFZ-Werkstätte hatte er in der Vergangenheit einmal den Tipp bekommen, dass er den Motor mit einem Heizlüfter anwärmen könne, um eine kostenintensive Reparatur zu vermeiden. Aus diesem Grund öffnete der Halter die Motorhaube und stellte einen Heizlüfter im Bereich eines Querträgers der Fahrzeugfront ab. Danach schloss er die Motorhaube, sodass der Heizlüfter zwischen Motorhaube und Fahrzeugrahmen eingeklemmt war. Er schaltete den Heizlüfter ein und entfernte sich vom Fahrzeug, um in der Wohnung die Post durchzusehen. Der VN hatte das Fahrzeug zumindest für fünf Minuten unbeaufsichtigt gelassen. In diesem Zeitraum war die Motorhaube zugefallen und der Heizlüfter aus seiner ursprünglichen Position in den Motorraum gefallen. Durch die Hitze des Heizlüfters wurden entweder die Kunstschale des Lüfters selbst oder brennbare Teile innerhalb des Motorraums in Brand gesetzt. In der Folge wurde ein Carport beschädigt.

 

Nach Ansicht des OGH liegt in diesem Fall eine Verwendung des KFZ vor. Es besteht Deckung aus der KFZ Haftpflichtversicherung.

 

 

Urteil aus dem Jahr 2004 zur Privathaftpflicht

 

Im Jahr 2004 erging eine Entscheidung des OGH zur Privathaftpflichtversicherung (OGH 7 Ob 177/04m). Der Fall war ähnlich gelagert. Der OGH entschied allerdings, dass in diesem Fall keine Verwendung eines KFZ vorliegt und somit Deckung aus der Privathaftpflichtversicherung zu gewähren ist: Schäden aus der Verwendung eines KFZ sind von der Privathaftpflichtversicherung ausgeschlossen. Dieser Risikoausschluss liegt aber nicht vor, wenn der VN im Fahrzeug einer Bekannten zur Enteisung der angefrorenen Scheiben einen von außen gespeisten Heizlüfter aufstellt und das Fahrzeug in der Folge aufgrund eines Defekts des Heizlüfters in Brand gerät.

 

 

Anmerkungen

 

Nach Ansicht von Dr. Reisinger in seinem Kommentar für die Datenbank versdb ist die Entscheidung aus dem Jahr 2004 zu beanstanden: "Auch das Berufungsgericht führte richtig aus, dass eine Verwendung des KFZ immer dann vorliegt, wenn ein zeitlicher, örtlicher und kausaler Zusammenhang mit dem Betrieb des KFZ besteht. Am zeitlichen und örtlichen Zusammenhang kann ohnehin kein Zweifel bestehen, der kausale Zusammenhang bestand in der beabsichtigten Inbetriebnahme des KFZ." Den gesamten Kommentar von Dr. Reisinger können User der Datenbank versdb hier nachlesen.

 

Dennoch kann man das Ergebnis der Entscheidung aus dem Jahr 2004 wohl so argumentieren und daher als richtig beurteilen:

 

Ausschlüsse sind als Ausnahmetatbestände, die die vom Versicherer übernommene Gefahr einschränken oder ausschließen, nicht weiter auszulegen, als es ihr Sinn unter Betrachtung ihres wirtschaftlichen Zwecks und der gewählten Ausdrucksweise sowie des Regelungszusammenhangs erfordert. Weiters sind Unklarheiten in den Bedingungen zu Lasten des Versicherers auszulegen. So kann es im Einzelfall  durchaus vorkommen, dass sowohl die KFZ Haftpflichtversicherung  eintrittspflichtig ist, weil eine Verwendung des Fahrzeuges vorliegt, aber auch die allgemeine Haftpflichtversicherung (nach den AHVB),  weil der Ausschluss „Verwendung des KFZ“ unklar ist und Ausschlusstatbestände eng ausgelegt werden müssen. Der Ausschluss in den  AHVB muss zudem unabhängig vom Deckungsumfang anderer Bedingungswerke (hier AKHB) ausgelegt werden. Bei der Auslegung darf also nicht berücksichtigt werden, ob der Sachverhalt auch nach den AKHB versichert wäre (Maitz, AHVB/EHVB - Verlag Österreich 136). Bei enger Auslegung des Ausschlusses "Verwendung des KFZ" in der Privathaftpflichtversicherung kann man durchaus zum Ergebnis kommen, dass der Fall aus dem Jahr 2004 nicht ausgeschlossen ist, weil der Heizlüfterdefekt im Vordergrund steht und ohne den Motor zu starten, der Schaden verursacht wurde.

 

Aktuelle Zeitschriftenausgabe: Unklarheiten bei Nachbesserungsbegleitschäden

 

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