Illegales Straßenrennen: Krankenversicherer leistungsfrei

Die Teilnahme an einem illegalen Straßenrennen kann insbesondere in der Unfall- und Krankenversicherung zur Leistungsfreiheit führen. Der OGH entschied aktuell einen Fall zur Krankenversicherung (OGH 7 Ob 157/21w, versdb 2021, 62).

 

 

 

Der Versicherungsnehmer beteiligte sich an einem illegalen Straßenrennen. Dem Versicherungsnehmer war bewusst und er hielt es auch ernstlich für möglich, dass sein festgestelltermaßen ungewöhnliches und auffallend sorgfaltswidriges Verhalten im Zuge des illegalen Straßenrennens die Gefahr für Leib und Leben einer von ihm verschiedenen Person herbeiführt, womit er sich abfand. 

 

Zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Versicherer besteht ein Krankenversicherungsvertrag, dem die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Krankenhaus-Tagegeld-Versicherung bzw. Sonderklasseversicherung mit Wertanpassung nach Tarif WWH (AVB-WWH) zugrunde liegen. Diese lauten auszugsweise:

 

„§ 9. Mit welchen Einschränkungen des Versicherungsschutzes müssen Sie rechnen?

[…]

(2) Kein Versicherungsschutz besteht für die Heilbehandlung

[…]

- von Unfällen sowie deren Folgen, die [...] bei der Begehung einer gerichtlich strafbaren Handlung, die Vorsatz voraussetzt, entstehen;

[...]“

 

 

Der Versicherer erklärte sich leistungsfrei, was der OGH auch bestätigte.

 

In der Entscheidung 7 Ob 70/21a sprach der OGH zur Unfallversicherung aus, dass der Versicherer nach Art 19.1.2 AUVB 2012 leistungsfrei ist, wenn der Unfall bei einer strafbaren Handlung eintritt, die vorsätzlich versucht oder begangen wird. Das vom Versicherungsnehmer gewünschte Auslegungsergebnis, der Risikoausschluss setze eine gerichtlich strafbare vorsätzliche Handlung voraus, welche durch ein Strafgericht auch abgeurteilt wurde, findet keine Deckung im insoweit eindeutigen Wortlaut der Bestimmung. Art 19.1.2 AUVB 2012 ist auch weder überraschend nach § 864a ABGB noch gröblich benachteiligend nach § 897 Abs 3 ABGB. Diese Entscheidung betraf denselben Sachverhalt, allerdings machte der Versicherungsnehmer in dieser Entscheidung Ansprüche aus einem Unfallversicherungsvertrag geltend.

 

Die Ansicht der Vorinstanzen, dass die zitierte Rechtsprechung auch auf die vorliegende Bedingungslage anzuwenden ist, bedarf nach Ansicht des OGH keiner Korrektur. Die Formulierung in § 9.2. AVB-WWH ist zwar nicht ident mit jener in Art 19.1.2 AUVB 2012, die Bestimmungen sind aber inhaltsgleich, macht es doch keinen inhaltlichen Unterschied, ob die strafbare Handlung des Versicherungsnehmers „Vorsatz voraussetzt“ oder für die strafbare Handlung des Versicherungsnehmers „Vorsatz Tatbestandsmerkmal“ ist. Lediglich die versuchte Begehung der Vorsatztat ist in § 9.2. AVB-WWH – anders als in Art 19.1.2 AUVB 2012 – nicht angeführt. Der insoweit bestehende Unterschied in der Bedingungslage ist aber hier nicht relevant.

 

Die Beurteilung der Vorinstanzen, dass der Kläger den Tatbestand des § 89 StGB vorsätzlich verwirklichte, ist nicht korrekturbedürftig.

 

Vor diesem Hintergrund hält sich die von den Vorinstanzen angenommene Leistungsfreiheit des Versicherers aufgrund des Vorliegens der Voraussetzungen des Risikoausschlusses des § 9.2. AVB-WWH im Rahmen der Judikatur. Der Versicherer ist leistungsfrei

 

 

Anmerkung:

 

Die Entscheidung des OGH ist nachvollziehbar. Anzumerken ist, dass die Entscheidung zur Unfallversicherung, auf die sich der OGH bezieht, wohl verfehlt ist: Der Kläger wurde wegen fahrlässiger Körperverletzung sowie wegen grob fahrlässiger Gefährdung der körperlichen Sicherheit verurteilt. Es liegt hier keine gerichtlich strafbare Handlung als Vorsatzdelikt vor. Das Tatbestandsmerkmal des Vorsatzes fehlt. Allerdings wäre mE wohl der Ausschluss der Beteiligung an motorsportlichen Wettbewerben anzuwenden, weil es sich bei illegalen Straßenrennen um einen solchen Wettbewerb handelt, weil es sich nach den AUVB nicht um einen offiziellen Wettbewerb handeln muss und nach dem Zweck des Ausschlusses auch illegale Rennen vom Ausschluss erfasst sind (vgl. Maitz, AUVB S. 208).

 

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