Taxenvereinbarung in der Betriebsunterbrechungsversicherung

In der Betriebsunterbrechungsversicherung wird häufig eine fixe Taxe als Ersatzleistung im Versicherungsvertrag festgelegt. Diese Taxe reduziert auch die Auskunfts- und Belegpflicht des Versicherungsnehmers. Ist die Taxe zu hoch, muss dies der Versicherer beweisen (OGH 7 Ob 192/21t, versdb 2022, 6).

 

 

 

Die Betriebsunterbrechungsversicherung ist eine Sachversicherung, bei der der Betrieb, nicht die Person des Betriebsinhabers versichert ist. Bei einer Sachversicherung ist regelmäßig der Wert der Sache (= Betrieb bzw. Erlösverlust) der Versicherungswert (§ 52 VersVG). Dieser kann durch Vereinbarung auf einen bestimmten Betrag (Taxe) festgesetzt werden. Die Taxe gilt auch als der Wert, den das versicherte Interesse zur Zeit des Eintritts des Versicherungsfalls hat, es sei denn, dass sie den wirklichen Versicherungswert in diesem Zeitpunkt erheblich übersteigt (§ 57 VersVG). Damit wird eine Ausnahme vom versicherungsrechtlichen Bereicherungsverbot normiert, wonach der Versicherer nicht verpflichtet ist, mehr als den eingetretenen Schaden zu ersetzen (§ 55 VersVG).

 

Der Zweck der Vereinbarung einer Taxe liegt in einer Beweiserleichterung zugunsten des Versicherungsnehmers. Ohne Vereinbarung einer Taxe muss der Versicherungsnehmer im Schadenfall nämlich beweisen, wie hoch der Versicherungswert tatsächlich war, weil sich danach die Ersatzleistung des Versicherers bemisst (Schauer in Fenyves/Perner/Riedler § 57 Rz 1)

 

Die Vereinbarung einer solchen Taxe erübrigt die Feststellung der Höhe des vom Versicherer zu leistenden Ersatzes. Der Versicherungsnehmer hat bei Vorliegen einer Taxvereinbarung nicht die Höhe des tatsächlich entstandenen Schadens darzutun. Vielmehr ist von der Richtigkeit der vereinbarten Taxe auszugehen. Diese Durchbrechung des Bereicherungsverbots hat aber insofern eine Schranke, als sich der Versicherer darauf berufen kann, dass zur Zeit des Versicherungsfalls die Taxe den Ersatzwert erheblich übersteigt. Insofern trifft den Versicherer die Beweislast.

 

Die Auskunft- und Belegpflichten eines Versicherungsnehmers bestehen insoweit nicht, als sie den Zweck verfolgen, den Versicherer über den Ersatzwert zu informieren; denn insoweit ist nach der getroffenen Taxvereinbarung eine Unterrichtung des Versicherers nicht erforderlich. Ficht der Versicherer aber die Taxe an, leben die beiden Obliegenheiten wieder voll auf. Zunächst ist daher von der Richtigkeit der getroffenen Taxvereinbarung auszugehen. Erhebt der Versicherer den Einwand, dass die Taxe den Versicherungswert erheblich übersteigt, muss er die Behauptung aufzustellen, dass die Taxe den Ersatzwert um mehr als 10 % übersteigt.

 

Für die Anfechtung der Taxe reicht es aus, wenn der Versicherer behauptet, dass die Taxe den tatsächlichen Schaden erheblich, nämlich um mehr als 10 %, übersteigt. Durch die Vereinbarung einer Taxe wird der Wert des versicherten Interesses nämlich grundsätzlich für beide Teile bindend festgelegt, sodass der Versicherungsnehmer von seiner Beweislast entbunden wird. Hat der Versicherer keine Anhaltspunkte für eine erhebliche Überschreitung des wirklichen Versicherungswerts, soll er gerade nicht „ins Blaue hinein“ eine gegenteilige Behauptung aufstellen.