Spätrücktritt LV: Beschränkung auf Rückkaufswert auch nach aktueller Rechtslage unzulässig

Der Gesetzgeber hat mit der Novelle nur bei einem „Spätrücktritt“ bis zum Ablauf des fünften Jahres nach Vertragsabschluss die Rechtsfolgen neu geregelt. Für den darüber hinausgehenden Zeitraum schuf er hingegen keine neue Rechtsfolgenregelung: § 176 Abs 1 VersVG idgF (BGBl. I Nr. 51/2018) entspricht vielmehr wörtlich dem § 176 Abs 1 VersVG idF BGBl 509/1994, sodass die bisherige Rechtsprechung zum Spätrücktritt (7 Ob 10/20a; 7 Ob 11/20y; 7 Ob 19/20z; ua) anzuwenden ist. Da nach dieser Judikatur die Beschränkung auf den Rückkaufswert im Fall eines Rücktritts jedenfalls unzulässig ist, ist auch § 176 Abs 1 VersVG idgF insoweit als unionsrechtswidrig zu qualifizieren, als er für den Rücktritt und die Kündigung des Vertrags dieselben rechtlichen Wirkungen vorsieht.

 

Der Rücktritt der Klägerin löst daher im vorliegenden Fall nicht die Rechtsfolgen nach § 176 Abs 1 iVm Abs 3 bis Abs 5 VersVG aus, sondern führt zur bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung des Vertrags (vgl 7 Ob 10/20a; 7 Ob 11/20y; 7 Ob 19/20z; ua). Die Klägerin hat somit Anspruch auf Rückzahlung der von ihr geleisteten Netto-Versicherungsprämien.

 

OGH 7 Ob 185/21p, versdb 2022, 17