Aktuelle Judikatur Versicherungsrecht

versdb 2022, 42

7Ob25/22k

 

Krankenversicherung - Vorvertragliche Anzeigepflicht: Unfall kurz vor Ausstellung der Polizze

 

Der Versicherer stellte am Montag, dem 7. 1. 2019, die Polizze für die Krankenversicherung aus und übermittelte sie am Morgen desselben Tages dem Makler des VN per Mail.

 

Der VN war am Freitag zuvor, dem 4. 1. 2019, gegen 13:30 Uhr beim Eislaufen zu Sturz gekommen, hatte sich dabei (an der linken Schulter, der Halswirbelsäule und am linken Sprunggelenk) verletzt, war später an diesem Tag in einem Unfallkrankenhaus ambulant behandelt und für den 8. 1. 2019 wiederbestellt worden. Nachdem am 9. 1. 2019 ein MRT erstellt worden war, war bei der Nachbehandlung am 11. 1. 2019 die Schulter noch deutlich bewegungseingeschränkt. Der VN erstattete keine Meldung der Sturzverletzung an den Versicherer.

 

Eine zumindest im Laufe des 7. 1. 2019 noch als rechtzeitig anzusehende Anzeige (Zeitspanne von etwa drei Tagen bis maximal einer Woche gilt noch als unverzüglich) hätte auf die am Montagmorgen bereits getroffene Entschließung des Versicherers, ob und zu welchen Bedingungen er den Vertrag abschließen wolle, sowie die Zusendung der Polizze an den Makler des VN keinen Einfluss mehr nehmen können; der Vertrag wäre auch in diesem Fall so wie tatsächlich geschehen geschlossen worden. 

 

Die Obliegenheitsverletzung des VN ist damit für den konkreten Vertragsabschluss nicht kausal geworden, weil auch deren ordnungsgemäße Erfüllung des Versicherer nicht ermöglicht hätte, seine Entscheidung einer solchen Mitteilung des VN anzupassen. Der auf § 16 Abs 2 VersVG gestützte Rücktritt des Versicherers erfolgte daher zu Unrecht.

 

 

versdb 2022, 41

7Ob10/22d

 

Haftpflichtversicherung - Schweißarbeiten am Fahrzeug

 

Hier wollte der VN an einem von ihm zuvor gebraucht erworbenen, zwar zum Verkehr zugelassenen und mit einem behördlichen Kennzeichen versehenen, jedoch mit Mängeln behafteten Multivan unter anderem durch „punktuelle Schweißarbeiten“ Rost im Bereich des rückwärtigen linken Kotflügels (Holmblech) beseitigen, um das Fahrzeug in der Folge einer Begutachtung nach § 57a KFG unterziehen zu können. Diese Arbeiten wollte er in einer auf der Landwirtschaft eines Bekannten als Lagerraum und Werkstatt eingerichteten Räumlichkeit durchführen, die ihm dieser zur Verfügung gestellt hatte. Im Bereich des linken Kotflügels war von einem Vorbesitzer des Fahrzeugs nachträglich eine Außensteckdose angebracht worden, wobei Hohlräume im Bereich der nachträglich eingebauten Steckdose mit leicht entflammbarem PU-Schaum ausgefüllt worden waren, was der VN nicht wusste. Der PU-Schaum geriet durch die Schweißarbeiten des VN in Brand, nach dem Öffnen eines Schiebetors fand eine explosionsartige Entzündung statt. Der Brand beschädigte das dem VN von seinem Bekannten überlassene Gebäude, der den VN wegen Schadenersatz gerichtlich in Anspruch nimmt.

 

Es kommt insbesondere nicht darauf an, dass „ein in der Karosserie üblicherweise nicht vorzufindendes Material im Zuge der Schweißarbeiten Feuer fing“, weil schon die Reparaturtätigkeit im Sinne der oben Gesagten schadenauslösend war; die bloße Behauptung, dass nur das Entzünden von Treibstoff als typische Gefahr eines Kraftfahrzeugs anzusehen wäre, oder dass der Schaden im Zusammenhang mit der „Motorleistung des Kraftfahrzeugs“ stehen müsse, entspricht nicht der Judikatur. Der Ausschluss der Verwendung eines KFZ kommt zur Anwendung.

 

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versdb 2022, 40

7Ob2/22b

 

Unfallversicherung - Fahren auf Rennstrecke

 

Eine „Rennstrecke“ iSd Art 20.2. AUVB ist ein vom öffentlichen Verkehr abgesonderter Bereich, auf dem gegenüber dem öffentlichen Verkehr höhere Geschwindigkeiten eingehalten und aufgrund seiner Gestaltung typischerweise die Grenzen des Fahrkönnens und/oder des Fahrzeugs ausgelotet werden. Auf einer „Rennstrecke“ muss die konkrete Fahrlinie nicht bestimmt und es müssen auch keine sonstigen Einrichtungen wie Startmaschine, Zeitnehmung oder Absperrungen vorhanden sein. Der Begriff „Rennstrecke“ umfasst auch vom öffentlichen Verkehr abgesonderte Zufahrten und Verbindungswege zur eigentlichen Strecke, wenn jene der Strecke selbst vergleichbar gestaltet sind und dieselben Anforderungen stellen, Fertigkeiten verlangen und Manöver erlauben.

 

Ausgehend vom in erster Instanz unstrittigen Sachverhalt zum Unfallshergang und zur Sturzursache war die Verbindungsstrecke, auf der der Kläger stürzte, in diesem Sinn gestaltet. Dies erhellt schon aus dem unstrittigen Umstand, dass die Verbindungsstrecke dem Kläger erlaubte, mit seinem Motocross-Motorrad einen – im öffentlichen Verkehr nicht vorgesehenen (vgl §§ 69 Abs 2, 68 Abs 3 lit c StVO) – Sprung über einen Hügel durchzuführen, was im konkreten Fall aufgrund zu geringer Sprungweite zum Sturz führte.

 

Das Berufungsgericht hat daher zu Recht auch das Fahren auf dem Verbindungsweg als vom Ausschluss umfasstes Befahren einer Rennstrecke bzw Trainieren auf einer solchen qualifiziert.

 

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