Der OGH entschied in einem aktuellen Urteil, dass eine Dauerrabattrückforderungsklausel jedenfalls dann unwirksam ist, wenn die Ausnahmen von der Rückforderungspflicht nicht vollständig in der Rückforderungsklausel ersichtlich sind - und das unabhängig davon, ob die Rückforderungsbeträge grundsätzlich der Höhe nach zulässig sind (OGH 7 Ob 154/22f, versdb 2023, 3).
Die Rückforderungsklausel lautete:
„R10 – Laufzeitvorteil
Im Hinblick auf die erstmals oder neuerlich vereinbarte Vertragslaufzeit entstehen kalkulatorische Kostenvorteile, welche in der vereinbarten Prämie bereits berücksichtigt sind.
Bei vorzeitiger Vertragsauflösung innerhalb von 9 Jahren ab Vertragsbeginn oder -verlängerung entfällt die Grundlage für diese Prämienberechnung. Der Versicherungsnehmer ist daher zur Zahlung einer Nachschussprämie gemäß nachstehender Berechnung verpflichtet: Vor Vollendung eines Jahres ab Vertragsbeginn oder -verlängerung beträgt die Nachschussprämie 90 % einer Jahresprämie. Nach Vollendung eines Jahres ab Vertragsbeginn oder -verlängerung beträgt die Nachschussprämie 80 % einer Jahresprämie. Mit Vollendung jeden weiteren Jahres verringert sich dieser Prozentsatz jeweils um 10 %, sodass die Nachschussprämie nach Vollendung des zweiten Jahres 70 % und nach Vollendung des dritten Jahres 60 % einer Jahresprämie beträgt u.s.w. Als Berechnungsgrundlage wird immer die zum Auflösungszeitpunkt nach Maßgabe des Vertrages aktuelle Jahresprämie herangezogen.
Bei Kündigung durch den Versicherer nach Eintritt des Versicherungsfalls wird keine Nachschussprämie verrechnet.“
Der OGH stufte die Klausel mit folgender Begründung als gröblich benachteiligend ein:
Eine Dauerrabattklausel ist zunächst nur unter der Voraussetzung zulässig, dass der Rückforderungsanspruch des Versicherers an eine vorzeitige Auflösung des Vertrags durch den VN geknüpft ist. Außerdem ist eine Rückforderung nicht zulässig, wenn der VN einen wichtigen Grund für die Vertragsauflösung hat. Gleiches muss auch für eine „Laufzeitvorteilsklausel“ gelten, gibt es doch keine sachliche Rechtfertigung dafür, dass bei Kündigung durch den Versicherer oder Vertragsauflösung wegen eines vom Versicherer gesetzten wichtigen Grundes der VN dennoch zur Nachzahlung verpflichtet wäre. Genau dies sieht die Klausel aber bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung vor: Es wird nämlich nur der Fall von der Nachschussprämienzahlungspflicht des VN ausgenommen, dass der Versicherer den Vertrag nach Eintritt des Versicherungsfalls kündigt. Hingegen wird etwa die Kündigung des Versicherungsvertrags durch den VN bei Vorliegen eines vom Versicherer gesetzten wichtigen Grundes nicht von der Verrechnung der Nachschussprämie ausgenommen, weshalb die Klausel schon aus diesem Grund gröblich benachteiligend nach § 879 Abs 3 ABGB ist.
Anmerkung:
Das Urteil ist insofern interessant, als der OGH deutlich macht, dass die Rückforderungsklausel eine Bestimmung enthalten muss, dass der Versicherer keine Rückzahlung fordern darf, wenn der Versicherungsvertrag vom Versicherer gekündigt wird oder etwa bei Kündigung des Versicherungsvertrages durch den VN bei Vorliegen eines vom Versicherer gesetzten wichtigem Grund. ME müssen in der Rückforderungsklausel alle Gründe vollständig angeführt sein. Andernfalls ist die Klausel gröblich benachteiligend für den VN. Es reicht etwa nicht, wenn der Versicherer in der Klausel nur anführt, dass bei Kündigung im Schadenfall durch den Versicherer keine Rückforderung erfolgt. Sämtliche vom Versicherer veranlassten Kündigungsmöglichkeiten müssen als Ausnahme angeführt sein bzw. es muss sonst aus der Formulierung der Klausel hervorgehen, dass in derartigen Fällen keine Rückzahlungsverpflichtung besteht. Das alles gilt auch unabhängig davon, ob die Rückforderungsbeträge der betreffenden Klausel grundsätzlich zulässig sind oder nicht. Das gilt sowohl für Konsumenten- als auch Unternehmerverträge, weil die Bestimmung des § 879 Abs 3 ABGB für beide Vertragsarten anwendbar ist.