OGH kippt Klauseln einer Skiversicherung

Der Beklagte ist ein (Sport-)Verein nach deutschem Recht. Der Beklagte bietet unterschiedliche Formen der Mitgliedschaft an. Es gibt eine Mitgliedschaft ohne Versicherungsschutz und eine solche mit (unterschiedlichem Ausmaß an) Versicherungsschutz. Er bietet alle Formen der Mitgliedschaft auch in österreichischen Sportartikelgeschäften und in auf den österreichischen Markt ausgerichteten Onlineshops an. In einer Verbandsklage prüfte der OGH die Zulässigkeit der Klauseln (OGH 7 Ob 206/22b, versdb 2023, 21). Hier finden Sie eine Zusammenfassung:

 

 

Orignialbeleg / Originalrechnung

Klausel:

„Für die Abwicklung von Beschädigung- und Diebstahlfällen benötigen Sie den Originalkaufbeleg.“

 

Bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung schließt die Klausel die Geltendmachung von Ansprüchen bei Beschädigung und Diebstahl gänzlich aus, wenn der Verbraucher über keinen Originalbeleg verfügt. Dass dies sachlich nicht gerechtfertigt ist, ist evident. Die Klausel ist daher gemäß § 879 Abs 3 ABGB nichtig.

 

Gruppenversicherung: Schadenmeldung

Klauseln:

„Sämtliche Schadensfälle sind unverzüglich zu melden.“

„Ein Diebstahl muss zusätzlich unverzüglich auch der zuständigen Polizeidienststelle angezeigt werden.“

 

Zunächst ist schon völlig unklar, warum derartige Regelungen, die nach dem Vorbringen des Beklagten ohnehin Inhalt des Gruppenversicherungsvertrags bzw des VersVG sind, zusätzlich in das Vertragsverhältnis zwischen dem Beklagten und seinen Mitgliedern – das ja gerade kein Versicherungsvertrag ist – Eingang finden. Hinzukommt, dass der Verbraucher über die Rechtsfolgen bei Verletzung dieser Meldepflichten im Unklaren gelassen wird. Beide Klauseln sind daher wegen Verstoßes gegen § 6 Abs 3 KSchG unzulässig.

 

Prämienanpassung Gruppenversicherung

Klausel:

„Werden Leistungen oder Beiträge auch für bestehende Versicherungen zum jeweiligen Beginn eines Beitrags-/Versicherungsjahres geändert, so gelten diese als anerkannt, wenn der fällige Beitrag nach Bekanntgabe der Änderung gezahlt wird.“

 

Für die Schlüssigkeit eines Verhaltens im Hinblick auf einen rechtsgeschäftlichen Willen legt § 863 ABGB einen strengen Maßstab an. Eine konkludente Handlung darf nur angenommen werden, wenn sie nach den üblichen Gewohnheiten und Gebräuchen eindeutig in einer bestimmten Richtung zu verstehen ist. Es darf kein vernünftiger Grund übrig sein, daran zu zweifeln, dass der Wille, eine Rechtsfolge in einer bestimmten Richtung herbeizuführen, vorliegt. § 6 Abs 1 Z 2 KSchG beschränkt die Zulässigkeit von Vereinbarungen, wonach ein bestimmtes Verhalten des Verbrauchers als Erklärung gilt.

Bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung der Klausel anerkennt der Verbraucher allein durch einmalige Zahlung den geänderten Mitgliedsbeitrag, was dem strengen Maßstab des § 863 ABGB widerspricht. Die Klausel ist daher als Erklärungsfiktion im Sinn von § 6 Abs 1 Z 2 KSchG zu werten. Dass die dort geforderten Zulässigkeitsvoraussetzungen erfüllt wären, behauptet der Beklagte nicht.

 

Verweis auf Inhalt Vertrag Gruppenversicherung

Klausel:

„Der Versicherungsschutz regelt sich ausschließlich nach den Bestimmungen des Gruppenversicherungsvertrages, der zwischen den Vertragsgesellschaften und D* vereinbart ist.“

 

Die Klausel ist intransparent. In ihr wird auf den Inhalt des Gruppenversicherungsvertrags verwiesen, obwohl dem Verbraucher dieser bei Abgabe der Willenserklärung nicht bekannt ist. Vielmehr erhält der Verbraucher nach dem Vorbringen des Beklagten erst nach Vertragsabschluss die Versicherungsbedingungen und ein „Merkblatt“, sodass er sich erst zu diesem Zeitpunkt von Inhalt und Umfang des Versicherungsschutzes Kenntnis verschaffen kann. Selbst wenn das „Merkblatt“ online auf der Website des Beklagten abrufbar wäre und somit die (theoretische) Möglichkeit bestünde, dass der Verbraucher sich darüber auch schon vor Abgabe seiner zum Vertragsabschluss führenden Willenserklärung informieren könnte, vermag dies die Klausel nicht transparent zu machen. Der Verbraucher wäre damit nämlich gezwungen, sich die notwendigen Informationen aus den vom Beklagten verwendeten Vertragsformblättern und dem im Internet abrufbaren „Merkblatt“ zusammenzusuchen, um vor der Abgabe seiner Willenserklärung hinreichende Informationen zur „Mitgliedschaft einschließlich Versicherungsschutz“ zu bekommen; auch dies widerspricht jedoch dem Transparenzgebot.

 

Gruppenversicherung: Prämienzahlungsbestimmung intransparent

Klausel:

„Nur fristgerechte Beitragszahlung gewährleistet Versicherungsschutz ohne Unterbrechung.“

 

Das Berufungsgericht begründete die Unzulässigkeit der Klausel damit, dass Näheres zum Verzug und der dadurch herbeigeführten Unterbrechung völlig im Dunkeln bliebe, so etwa welche Zahlungsfrist einzuhalten sei. Somit sei schon nicht erkennbar, ob bzw wann eine Unterbrechung überhaupt eintrete. Da die Rechtslage jedenfalls unvollständig dargestellt werde, sei die Klausel intransparent.

 

Automatische Verlängerung - fehlender Hinweis

Klausel:

„Die Mitgliedschaft und der Versicherungsschutz gelten ab dem Tag des Abschlusses für ein Jahr und verlängern sich nach Ablauf um ein Jahr und weiter von Jahr zu Jahr, wenn sie nicht mit einer Frist von drei Monaten zum jeweiligen Ablauf schriftlich gekündigt werden.“

 

Die Klausel ist unzulässig. Sie beziehe sich ihrem Wortlaut nach sowohl auf die Mitgliedschaft als auch auf den Versicherungsschutz. Für die Wirksamkeit einer Verlängerungsfiktion sei es erforderlich, dass die in § 6 Abs 1 Z 2 KSchG vorgesehene Hinweispflicht des Verwenders in die AGB selbst aufgenommen werde. Da die Klausel diese Verpflichtungserklärung des Unternehmers nicht enthält, verstoße sie gegen § 6 Abs 1 Z 2 KSchG.