Betriebshaftpflicht: Zeitliche Risikobegrenzung aufgrund neuer Rahmenvereinbarung

 

 

 

Ein heikles Thema insbesondere in der Passivenversicherung, wie der Rechtsschutz- und der Haftpflichtversicherung, ist die zeitliche Einordnung des Versicherungsfalles. Zudem sind zeitliche Risikobegrenzungen problematisch. Der OGH entschied aktuell einen Fall (7 Ob 172/23d, versdb 2024, 8), bei dem der Versicherungsvertrag auf Basis einer Rahmenvereinbarung abgeschlossen wurde und später auf Basis einer anderen, neuen Rahmenvereinbarung, geändert wurde. Die neue Rahmenvereinbarung enthielt jedoch eine zeitliche Risikoeinschränkung.

 

 

Konstellation Versicherungsvertrag:

  • Beginn Versicherungsvertrag: 2008 (auf Basis der Rahmenvereinbarung H950 aus dem Jahr 2007); mitversichert gilt als das Gewährleistungsrisiko (Ausfallsrisiko Insolvenz Subunternehmer)
  • Änderung Versicherungsvertrag: 2018 (auf Basis der Rahmenvereinbarung H970 aus dem Jahr 2016); mitversichert gilt auch hier das Gewährleistungsrisiko (Ausfallsrisiko Insolvenz Subunternehmer mit folgender zeitlicher Einschränkung: "Punkt 20.7: ... Abweichend von Art. 4 AHVB besteht Versicherungsschutz dann, wenn sowohl die Beauftragung des Auftragnehmers durch den Versicherungsnehmer als auch der Versicherungsfall während der Gültigkeit dieser Deckungserweiterung eingetreten ... sind."

 

Der Fall:

 

Die Klägerin (VN) beauftragte am 21. 12. 2010 eine Subunternehmerin mit der Errichtung von Einfamilienhäusern. Nach Übergabe der Häuser im Jahr 2013 beanstandeten zuerst einzelne – dann alle übrigen – Käufer Mängel. Manche Käufer erhoben bereits Klage, andere schlossen sich unter Klagsdrohung der Bemängelung an. Die Klägerin befriedigte die erhobenen Gewährleistungsansprüche der Käufer im Wege der Ersatzvornahme, während die Subunternehmerin ihre Haftung bestritt und untätig blieb. Die Klägerin nahm die Subunternehmerin aus dem Titel der Gewährleistung und des Schadenersatzes auf EUR 898.660 in Anspruch. Mit Beschluss vom 24. 3. 2020 wurde über das Vermögen der Subunternehmerin das Konkursverfahren eröffnet.

 

 

OGH zur Anwendbarkeit der zeitlichen Risikobegrenzung in der Rahmenvereinbarung H970:

 

Der Bedeutungsgehalt der Wortfolge „während der Gültigkeit dieser Deckungserweiterung“ ist zu ermitteln. Die Rahmenvereinbarung H970 regelt weder in ihrer Gesamtheit, noch speziell in Punkt 20.7 eine Deckungserweiterung. Die Deckung des Gewährleistungsrisikos wird in der Rahmenvereinbarung H970 vielmehr als möglicher Deckungsbaustein vorausgesetzt, was sich bereits aus der einleitenden Formulierung „Ist die besondere Vereinbarung hinsichtlich der Ausdehnung des Versicherungsschutzes auf das Gewährleistungsrisiko des Versicherungsnehmers getroffen [...]“ ergibt. In der Folge werden dort die Bedingungen, unter denen das bereits vereinbarte Gewährleistungsrisiko vom Versicherungsschutz umfasst ist, geregelt. Hier wurde das Gewährleistungsrisiko als Deckungserweiterung von der Klägerin aber bereits mit ihrem Versicherungsvertrag aus 2008 versichert. Im Änderungsantrag aus 2018 wurde das Feld „Ausschluss Gewährleistungsrisiko“ nicht angekreuzt. Es blieb daher bei der Gültigkeit der bestehenden Deckungserweiterung, auf die alleine sich Punkt 20.7 der Rahmenvereinbarung H970 beziehen kann. Die zeitliche Risikoeinschränkung ist hier nicht anwendbar.

 

 

Anmerkung:

 

Das war knapp für den Versicherungsnehmer. Bei dieser konkreten Formulierung kam der OGH zum Schluss, dass Deckung besteht, weil das Gewährleistungsrisiko schon vorher versichert war. Das ergibt sich nach Ansicht des OGH aus der Formulierung dieser Klausel. Bei anderen - ähnlichen - Formulierungen könnte es aber durchaus passieren, dass der Versicherungsnehmer leer ausgeht. Vorsicht ist bei der Änderung von Versicherungsbedingungen und Rahmenvereinbarungen daher geboten. Problematisch können Änderungen für den Versicherungsnehmer bei Vertragsänderungen aber insbesondere auch bei einem Wechsel des Versicherers sein.