versdb 2024, 31
OGH 7 Ob 18/24h
Schaden beim Abteufen einer Tiefenbohrung
Der VN war mit dem Abteufen einer Tiefenbohrung zur Gewinnung von Thermalwasser beauftragt. Im Rahmen des Abteufens kam es zu einer Havarie im unteren Bereich der Ankerrohrtour, dem obersten Rohrstrang (von 0 bis 550 m Tiefe) der (einzubringenden) Verrohrung (sogenanntes „Casing“). Dies führte zum Rohrkollaps und damit zum Scheitern der Bohrung. Der VN war zur Beschaffung der bei der Bohrung einzusetzenden Rohre vertraglich nicht verpflichtet, sondern wurden diese vom Auftraggeber bereitgestellt. Da sich die Erfüllungsersatzleistung an der von der VN vertraglich geschuldeten Leistung orientiert, handelt es sich demzufolge bei der Beschädigung der Rohre um die Schädigung „anderer Vermögenswerte“ und damit um einen versicherten Mangelfolgeschaden. Da die Casing-Rohre vom VN weder hergestellt noch geliefert wurden, greift der Risikoausschluss gemäß Art 8.9. AHVB 2004 (Herstellungs- und Lieferklausel) ebenfalls nicht. Auch die Kosten für die Verfüllung der Rohre sind als Mangelfolgeschaden gedeckt. Dabei handelt es sich um Kosten für die Sanierung der beschädigten Liegenschaft, also einer Naturalrestitution. Diese Kosten betreffen ein sonstiges Rechtsgut des Auftraggebers und mussten nicht aufgewendet werden, um den Auftraggeber in den Genuss der geschuldeten Leistung zu bringen. Für die Durchführung einer mangelfreien Tiefenbohrung an anderer Stelle war es nämlich nicht erforderlich, das havarierte Bohrloch zu verfüllen. Auch der Ankauf eines Ersatzgrundstückes, um die misslungene Bohrung neu durchführen zu können, ist ein gedeckter Mangelfolgeschaden.